Schädelkontroversen

  1. von Welcker bis zum Friedrich-Schiller-Code

1883 formulierte der Anatom und Anthropologe Hermann Welcker Zweifel an der Echtheit des in der Fürstengruft bestatteten und Schiller zugeschriebenen Schädels. Aus dieser Studie entbrannte eine erste Diskussion um die Authentizität der Pilgerstätte der Deutschen Klassik.

Ein weiterer Kritiker war der Anatom August von Froriep, der 1911 erneut die Überreste des 1854 zugeschütteten Kassengewölbes ausgrub und aus den geborgenen Schädeln einen alternativen Schillerschädel kürte. Auch diese Entdeckung führte zum Gelehrtenstreit. Frorieps Kollege Neuhauß war der Meinung, der von Froriep präsentierte Schädel gehöre in Wirklichkeit einer Hofdame Anna Amalias, Louise von Göchhausen.

1959 wurde durch ein Prestigeprojekt der Deutschen Demokratischen Republik die Echtheit des Fürstengruftschädels erneut belegt. Der deutsche Anthroploge Herbert Ullrich stellte fest, dass sieben Zähne nicht in den Kiefer gehörten und obendrein künstlich abgefeilt worden waren, um sie den Alveolen anzupassen. Der russische Staranthropologe Mickail Gerasimov fertigte eine Gesichtsrekonstruktion an, welche die Ähnlichkeit mit der Totenmaske bestätigte.

Eine weitere Gesichtsrekonstruktion, die 2008 im Rahmen des Projektes „Der Friedrich Schiller Code“, initiiert von der Stiftung Weimarer Klassik und durchgeführt sowie vermarktet durch den Mitteldeutschen Rundfunk, angefertigt wurde, bekräftigte ebenfalls die starke Ähnlichkeit sowohl mit der Totenmaske als auch mit den zeitgenössischen Portraits Schillers. Die ebenfalls angestellten DNA-Vergleiche an mehreren extra zu diesem Zweck exhumierten Angehörigen der Familie Schiller ergaben allerdings, dass weder der Fürstengruftschädel noch der Froriepschädel noch sämtliche postkranialen Skelettreste, die diesen zugeordnet worden waren, von Schiller stammen. Schiller hatte einen Kopf von außergewöhnlicher Größe und war, trotz seiner allgemein kränklichen Konstitution, bekannt für sein gesundes Gebiss. Dass ein täuschend ähnlicher Kopf in den Schillersarg gelangt war, dem obendrein noch falsche Zähne eingesetzt worden waren, legt eine absichtliche Fälschung nahe.

Eine weitere überraschende Ähnlichkeit des falschen Schillerschädels ist die hohe Bleikonzentration im Knochen. Schillers Arbeitszimmer in Weimar war mit einer grünen Tapete ausgeschlagen, deren Farbe so große Mengen von Blei enthielt, dass sie auf Bewohner der Räume toxisch gewirkt haben muss (sogenanntes Giftgrün). Schillers Tapete gilt als eine wahrscheinliche Ursache seines frühen Todes und hohe Bleikonzentrationen wurden in seinem Skelett vermutet. Interessanter Weise erfüllt auch der Fürstengruftschädel diese Erwartungen.

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